kontakt@schorr-ip.de
+49 (0)6074 48 37 19 0

IP Neuigkeiten

Entscheidungen - Gesetzesänderungen- Kurioses

BGH: X ZR 76/18 – Werkzeuggriff

Der X. Senat des Bundesgerichtshofs hat sich in seinem Beschluss X ZR 76/18 Werkzeuggriff vom 25. September 2018 mit der Durchsetzung eines Auskunftsanspruch  beschäftigt. Er hielt hierzu fest:

Ist der Schuldner zur Auskunft über den Vertriebsweg bestimmter Erzeugnisse und deren gewerbliche Abnehmer verurteilt, weil die Erzeugnisse patentverletzend sind und die Inanspruchnahme des Schuldners auch nicht unverhältnismäßig ist, steht einer Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen eines dem Schuldner durch die Abnehmerauskunft drohenden nicht zu ersetzenden Nachteils regelmäßig ein überwiegendes Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung des Auskunftsanspruchs entgegen. Dies gilt auch dann, wenn das Patent bei Durchsetzung des Auskunftsanspruchs bereits abgelaufen ist.
Die Historie:

Das Landgericht hat die Beklagte wegen Verletzung des einen Werkzeuggriff betreffenden europäischen Patents 888 204 (Klagepatents) zu Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf verurteilt sowie ihre Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit Rücksicht auf den Ablauf des Klagepatents mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterlassungsanspruch erledigt ist und die weiteren Ansprüche auf Handlungen im Zeitraum bis zum 13. März 2017 begrenzt worden sind. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.

Dagegen hat die Beklagte Beschwerde erhoben, die sie damit begründet, dass in dem Verfahren X ZR 81/17 die Nichtigerklärung des Klagepatents zu erwarten sei; in diesem Verfahren wendet sich die Beklagte mit der Berufung gegen das Urteil des Bundespatentgerichts, das ihre Patentnichtigkeitsklage abgewiesen hat. Die Beklagte beantragt, die Zwangsvollstreckung insoweit einstweilen einzustellen, als sie ohne Einräumung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts zur Rechnungslegung verurteilt ist.

Aus den Gründen:

Nachfolgend wird im Schwerpunkt der Aspekt des Auskunftsanspruchs beleuchtet. Die weiteren Aspekte treten bei der folgenden Betrachtung in den Hintergrund.

Der X. Senat stellte fest, dass einer Einstellung einer Zwangsvollstreckung ein überwiegendes Interesse der Klägerin als Gläubigerin entgegen stehe. Im Anwendungsbereich des § 140b PatG , der den Verletzer zur Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg patentverletzender Erzeugnisse verpflichte, käme ein Wirtschaftsprüfervorbehalt grundsätzlich nicht in Betracht, da das Gesetz dem Interesse des Verletzten an der Aufdeckung der Lieferwege, das gegebenenfalls sogar im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden könne ( § 140b Abs. 7 PatG ) und der Verfolgung seiner Ansprüche gegen an den Verletzungshandlungen Beteiligte Vorrang einräume ( BGH, Urteil vom 20. Dezember 1994 – X ZR 56/93 , BGHZ 128, 220, 227 f. [zu III 2 b] – Kleiderbügel). Ist die Inanspruchnahme nicht im Einzelfall unverhältnismäßig im Sinne des § 140b Abs. 4 PatG , sei die mit der Auskunft und der Offenbarung seiner Abnehmer gegenüber dem Gläubiger verbundenen Nachteile für den Schuldner daher regelmäßig wegen des vom Gesetz höher gewichteten Gläubigerinteresses ungeachtet des Umstands hinzunehmen, dass sie regelmäßig nicht zu ersetzen seien, sollte das Berufungsurteil aufgehoben werden.

Der Umstand, dass das Klagepatent abgelaufen sei und in die Zukunft gerichtete Ansprüche gegen die Abnehmer somit ausscheiden, rechtfertige für sich genommen ebenso wenig eine andere Bewertung der gegenläufigen Interessen wie der Umstand, dass die Abnehmer von der Beklagten auch mit einer Vielzahl anderer Erzeugnisse beliefert worden seien, denn dies lässt die Abnehmerauskunft noch nicht als unverhältnismäßig im Sinne des § 140b Abs. 4 PatG erscheinen und könne bei der Rechnungslegung die Einräumung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts in der Regel nicht rechtfertigen. Dementsprechend könnten diese Umstände regelmäßig auch im Rahmen des § 719 Abs. 2 ZPO nicht dazu führen, ein überwiegendes Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung der Rechnungslegung zu verneinen.

Kommentar / Fazit:

Die Abwägung der bestehenden Interessen von Schuldner und Gläubiger fallen zumindest bei Auskunftsansprüchen von Vertriebswegen und Abnehmern zu Gunsten des Gläubigers aus. Dieses gilt auch dann, wenn das Patent, aus dem die Auskunftsansprüche generiert werden, bereits abgelaufen ist.

Leave a Reply