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BGH: I ZR 237/14 – mt perfect

Der I. Senat des Bundesgerichtshofs hat sich in seinem Beschluss  I ZR 237/14 mt perfect vom 7. April 2016 mit Benutzungshandlungen im Kennzeichenrecht beschäftigt.

Er entschied hierzu in einem Leitsatz:

a) An die für die Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichenrechts im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG erforderliche Zeichenbenutzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die für seine anfängliche Entstehung erforderlichen Benutzungshandlungen.
b) Das Fehlen einer für den Geschäftsbetrieb erforderlichen behördlichen Erlaubnis oder mangelndes Bemühen um ihre Erlangung lassen für sich genommen nicht den Schluss zu, es liege keine dauerhafte wirtschaftliche Betätigung vor, die zur Entstehung oder Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichenrechts im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG führt.

Die Historie:.

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, war seit dem Jahr 2007 in Frankreich und Deutschland in der Arbeitnehmerüberlassung tätig und im Handelsregister mit der Firma „MT-PERFECT GmbH“ eingetragen. Sie benutzte diese Firma in ihren Geschäftsunterlagen auch in der Schreibweise „mt-perfect GmbH“.

Die Beklagte zu 1 ist im Sommer 2011 durch die frühere Geschäftsführerin der Klägerin und den Beklagten zu 2 gegründet und am 17. August 2011 in das Handelsregister eingetragen worden. Seither ist die Beklagte zu 1 in der Arbeitnehmerüberlassung tätig. Ein Großteil der Kunden der Klägerin wechselte zur Beklagten zu 1. Die Beklagte zu 1 benutzt zur Bezeichnung ihres Geschäftsbetriebs die Zeichen „mt:p-service GmbH“ und „MT:P-Service GmbH Personal und Promotion“.

Die Klägerin hat behauptet, am 2. Oktober 2011 sei außer den vorgenannten Zeichen auch die Bezeichnung „mt:Perfect GmbH“ auf der Homepage der Beklagten zu 1 abrufbar gewesen.

Mit einer Abmahnung vom 24. Januar 2012 beanstandete die Klägerin, die Beklagte habe durch die Verwendung der vorgenannten Bezeichnungen ihr Unternehmenskennzeichenrecht verletzt.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, die Bezeichnungen „mt:Perfect GmbH“ und/oder „mt:p-service GmbH“ und/oder „MT:P Service GmbH – Personal und Promotion -“ für einen auf Personaldienstleistungen ausgerichteten Geschäftsbetrieb zu benutzen oder benutzen zu lassen und/oder die genannten Bezeichnungen im geschäftlichen Verkehr für Personaldienstleistungen zu benutzen.

Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten Berufung eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt haben.

Die Klägerin ist am 4. Juni 2013 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht worden. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit mit Wirkung ab dem 5. Juni 2013 übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiter.

Aus den Gründen:

Im Folgenden wird nur der Aspekt des Weiterbestehens von Markenrechten durch eine geschäftliche Bezeichnung bei einem (zeitweise) Ruhen der Geschäftstätigkeit betrachtet.

Der I. Senat des BGH entschied hierzu, dass die Klage auch nach Löschung der Klägerin aus dem Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit seitens des Berufungsgerichts zu Recht als zulässig angesehen wurde.

Die Löschung einer vermögenslosen GmbH nach § 394 Abs. 1 FamFG habe allerdings zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verliere und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO auch ihre Fähigkeit, Partei eines Rechtsstreits zu sein. Die Gesellschaft sei materiell-rechtlich nicht mehr existent. Bestünden allerdings Anhaltspunkte dafür, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden sei, bliebe die Gesellschaft trotz der Löschung rechts- und parteifähig. Dafür reiche bei einem Aktivprozess schon die bloße Tatsache, dass die Gesellschaft einen Vermögensanspruch geltend mache.

Nach § 241 Abs. 1 ZPO sei ein Verfahren unterbrochen, wenn eine nicht prozessfähige Partei keinen gesetzlichen Vertreter mehr habe. Dieser Fall sei mit der Löschung der Klägerin eingetreten, weil die Löschung zur Folge habe, dass der bisherige organschaftliche Vertreter seine Vertretungsbefugnis verliert und die GmbH prozessunfähig wird. Nach § 246 Abs. 1 ZPO trete jedoch eine Unterbrechung des Verfahrens im Falle des Verlustes der Prozessfähigkeit nicht ein, wenn die Partei durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten werde. So verhalte es sich im Streitfall.

Der Schutz des Unternehmenskennzeichens entfalle regelmäßig mit Aufgabe des hierdurch bezeichneten Betriebs. Einer Betriebsaufgabe stehe eine wesentliche Änderung des Betriebs gleich, die dazu führe, dass der Verkehr den neuen Betrieb nicht mehr als Fortsetzung des alten ansieht. Ausnahmsweise gehe der Schutz nicht verloren, wenn der Geschäftsbetrieb nur zeitweise stillgelegt werde, jedoch in seinem für die Wiedereröffnung wesentlichen Bestand erhalten bleibe und die Absicht sowie die Möglichkeit bestünden, ihn innerhalb eines solchen Zeitraums fortzusetzen, dass die Stilllegung nach der dafür maßgeblichen Verkehrsauffassung noch als vorübergehende Unterbrechung erscheine.

Die Frage, ob eine nur vorübergehende Nutzungsunterbrechung vorliege, sei nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Hierfür seien der Zeitraum, der Umfang und die Umstände der vorherigen Verwendung der Kennzeichnung sowie die Dauer und der Grund der Unterbrechung von Bedeutung sowie der Umstand, ob sich der Fortsetzungswille in entsprechenden Handlungen manifestiert habe oder aufgrund besonderer Umstände für den Verkehr nahelag.

An die für die Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichenrechts im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG erforderliche Zeichenbenutzung seien keine höheren Anforderungen zu stellen als an die für seine anfängliche Entstehung erforderlichen Benutzungshandlungen. Liege eine nach diesem Maßstab hinreichende tatsächliche Benutzung des Zeichens vor, scheitere die Begründung eines Unternehmenskennzeichenrechts nicht daran, dass es an einer auf den Gegenstand des Geschäfts bezogenen behördlichen Erlaubnis fehle.

Auch für die Aufrechterhaltung des Kennzeichenrechts seien damit tatsächliche Benutzungshandlungen hinreichend, sofern sie auf eine dauerhafte wirtschaftliche Betätigung schließen lassen.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe im Oktober 2011 ihren Sitz nach Frankfurt am Main verlegt, dort einen Büro-Service beauftragt, am 19. November 2011 einen Nachsendeauftrag gestellt und im April 2012 einen Maklerauftrag zur Erlangung neuer Geschäftsräume erteilt. Ferner habe sie im Dezember 2011 und Februar 2012 finanzielle Forderungen aus ihrer Tätigkeit der Arbeitnehmerüberlassung verfolgt, in der Zeit von November 2011 bis Januar 2012 mit ihrer Bank korrespondiert und sich um ihre steuerrechtlichen Angelegenheiten gekümmert. Im Dezember 2011 und Januar 2012 habe sie Beschaffungsvorgänge für Software und Internetversorgung eingeleitet. Auch die am 6. Februar 2012 erfolgte Einreichung der vorliegenden Klage stehe im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer geschäftlichen Tätigkeit.

Diese von der Klägerin vorgetragenen Benutzungshandlungen seien zur Aufrechterhaltung ihrer Unternehmenskennzeichenrechte geeignet, weil sie gegebenenfalls nach dem Verständnis des angesprochenen Verkehrs auf eine Fortsetzung der dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung der Klägerin schließen liessen, auch wenn die Klägerin zwischenzeitlich nicht über eine behördliche Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung verfügt habe und sich – wie das Berufungsgericht angenommen hat – nicht unverzüglich um deren Verlängerung bemüht haben sollte.

Die von der Klägerin geltend gemachten Benutzungshandlungen – Verlegung des Firmensitzes, Verfolgung von Forderungen sowie Korrespondenz mit Banken, einem Makler und Dienstleistungsunternehmen der Internet- und Computerbranche sowie die Erhebung der vorliegenden Klage – sprechen für ein Fortdauern der wirtschaftlichen Betätigung unter Verwendung der hier in Rede stehenden Unternehmenskennzeichen bis zum Zeitpunkt der Löschung der Klägerin aus dem Handelsregister am 4. Juni 2013.

Kommentar / Fazit:

Das vorliegende Urteil des BGH stellt klar, dass es für das Geltendmachen von Markenrechten aus einer geschäftlichen Bezeichnung nicht auf die Registerlage ankommt, also ob das Unternehmen eingetragen ist oder nicht.

Vielmehr kommt es auf die tatsächliche Benutzung im geschäftlichen Verkehr an oder den Benutzungswillen, das Zeichen in Bälde (erneut) im geschäftlichen Verkehr zu benutzen.

Solange ein Prozessbevolmächtigter existiert können solchenfalls Rechte aus der geschäftlichen Bezeichnung gegenüber Dritten geltend gemacht werden, auch wenn das Unternehmen (derzeit) nicht exisitiert.

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