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BGH: X ZR 111/13 – Telekommunikationsverbindung

Der X. Senat des Bundesgerichtshofs hat sich in seinem Beschluss  X ZR 111/13 – Telekommunikationsverbindung vom 15.12.2015 der Frage des Prüfungsumfang im Rahmen des Berufungsverfahrens nach § 117 PatG  gewidmet. Hierbei formulierte der X. Senat folgende Leitsätze:

Die Historie:

Die Beklagten sind Inhaber des unter Inanspruchnahme der Priorität zweier deutscher Anmeldungen vom 31. August 2001 und vom 20. November 2001 am 30. August 2002 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 421 771 (nachfolgend: Streitpatent). Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Herstellen einer Telekommunikationsverbindung zwischen zwei Personen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagten haben das Streitpatent verteidigt.

Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abänderung des Urteils des Patentgerichts und die Abweisung der Klage beantragen. Außerdem verteidigen sie das Streitpatent zuletzt in der Fassung von drei Hilfsanträgen, die sie erstmals im Berufungsverfahren gestellt haben.

Die Gründe:

In den Gründen des Bundesgerichtshofs wird ausgeführt:

„Die Verteidigung des Streitpatents in der Fassung der zuletzt noch geltend gemachten Hilfsanträge ist unzulässig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachte Verteidigung eines Patents in geänderter Fassung in der Regel gemäß § 116 Abs. 2 PatG zulässig, wenn der Beklagte mit der Änderung einer von der erstinstanzlichen Beurteilung abweichenden Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs Rechnung trägt und den Gegenstand des Patents auf dasjenige einschränkt, was sich nach Auffassung des Patentgerichts schon aus der erteilten Fassung ergab.

Gleiches gilt für den Fall, dass das Patentgericht in dem nach § 83 Abs. 1 PatG erteilten Hinweis nur einzelne Angriffsmittel des Klägers aufgreift und der Beklagte daher in der Regel keinen Anlass hat, zusätzlich zu Hilfsanträgen, die dem erteilten Hinweis Rechnung tragen, vorsorglich weitere Hilfsanträge im Hinblick auf Angriffsmittel zu stellen, auf die das Patentgericht in seinem Hinweis nicht eingegangen ist oder die es als nicht aussichtsreich eingeschätzt hat.

Im vorliegenden Fall hatte das Bundespatentgericht durch einen Hinweis bereits mitgeteilt, dass nach seiner vorläufigen Auffassung der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents  nicht erfinderisch sein dürfte. Dies hätte der Beklagten in Anbetracht ihrer Prozessförderungspflicht Veranlassung geben müssen, das Streitpatent bereits im Verfahren vor dem Bundespatentgericht hilfsweise mit geänderten Anträgen zu verteidigen.

Macht der Beklagte in der ersten Instanz keinen eigenständigen erfinderischen Gehalt der auf den Hauptanspruch rückbezogenen Unteransprüche des Streitpatents geltend und erklärt er nach richterlichem Hinweis in der mündlichen Verhandlung vor dem Patentgericht, dass es bei der Verteidigung der erteilten Fassung sein Bewenden haben soll, handelt es sich um ein neues Verteidigungsmittel, wenn der Beklagte in der Berufungsinstanz das Streitpatent erstmals hilfsweise beschränkt durch die Kombination des Hauptanspruchs mit Unteransprüchen des Streitpatents verteidigt und sich zur Begründung auf einen eigenständigen erfinderischen Gehalt der Unteransprüche beruft.“

Kommentar:

Es ist stets ein schmaler Grat zu entscheiden, ob und welche Hilfsanträge eingereicht werden.

Das Einreichen von Hilfsanträge birgt zum Teil die Gefahr in sich, dass das Bundespatentgericht möglicherweise leichter den Hauptantrag ablehnt und sich mit diesem weniger intensiv auseinandersetzt, weil der Hilfsantrag möglicherweise einfacher zu beurteilen ist. Das Nicht-Einreichen von Hilfsanträgen zwingt somit den Senat des Bundespatentgerichts, aus Sicht des Patentinhabers, das Patentbegehren intensiver abzuwägen.

Reicht man Hilfsanträge ein und ein Hilfsantrag wird seitens des Bundespatentgerichts als patentfähig beurteilt, ist das Anrufen des BGH als Berufungsinstanz nicht nur kostenintensiv sondern auch zeitaufwendig.

Allerdings werden im Berufungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof die Verteidigungsmittel der vorherigen Instanz unter Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse und nicht nur unter rechtlichen Gesichtspunkten bewertet. Das Einführen neuer Verteidigungsmittel erst im Berufungsverfahren kann nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn das Berufungsgericht eine abweichende Rechtsauffassung vertritt, als das erstinstanzliche Gericht.

Vorliegend schloß sich der BGH der Rechtsauffassung des Bundespatentgerichts an, weshalb das Einführen neuer Verteidigungsmittel unzulässig war.

Ferner hatte das Bundespatentgericht auch nicht nur einzelne Angriffsmittel des Klägers aufgegriffen, wodurch der Beklagte durchaus Anlass hatte, zusätzliche Hilfsanträge zu stellen.

Fazit:

Wie zuvor skizziert ist eine Abwägung stets schwer. Das Einreichen von Hilfsanträgen macht jedoch durchaus Sinn, wenn der Senat des BPatG im Rahmen der Verhandlung durchblicken lässt, dass er den Hauptantrag wohl ablehnen wird. Dieses Zeichen sollte genutzt werden.

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