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BGH: KZR 92/13 – Pelican/Pelikan

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in seinem Beschluss  KZR 92/13 – Pelican/Pelikan vom 15.12.2015 der Frage gewidmet, ob und in welcher Art zwischen Unternehmen abgeschlossene markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen, kartellrechtlich beanstandbar sind. Hierzu formulierte der Kartellsenat folgende Leitsätze:

Die Historie:

Die Beklagte ist Inhaberin der deutschen Wortmarke „Pelikan“ (Nr. 677 654) und der deutschen Wort-Bild-Marke „Pelikan“ (Nr. 2 033 253). Die Klägerin meldete 1991 in der Schweiz die Wortmarke „Pelican Products, Inc.“ sowie eine Bildmarke an. 1994 schlossen Klägerin und Beklagte eine Abgrenzungsvereinbarung, in der sich die Klägerin verpflichtete, „Pelican“ oder „Pelikan“ nicht zu benutzen und nicht zur Marke anzumelden.

Entgegen der Vereinbarung meldete die Klägerin am 01.04.2008 drei Gemeinschaftsmarken (Wortmarke, Bildmarke, Wort-Bild-Marke) mit dem Zeichen „Pelican“ an.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Abgrenzungsvereinbarung gegen Kartellrecht verstoße und unwirksam sei.

Die Gründe:

In den Gründen des Bundesgerichtshofs wird ausgeführt, dass die Beurteilung der kartellrechtlichen Wirksamkeit markenrechtlicher Abgrenzungsvereinbarungen sich nach der im Zeitpunkt ihres Abschlusses geltenden Rechtslage richte. Die Abgrenzungsvereinbarung verstoße, bezogen auf Deutschland, gegen § 1 GWB aF, soweit sich die Klägerin ohne Bezug auf bestimmte Waren und Dienstleistungen allgemein zur Unterlassung der Markenverwendung und zur Markenlöschung verpflichtet habe. Die Parteien seien bei Abschluss der Vereinbarung jedenfalls potentielle Wettbewerber gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass sie mit der Abgrenzungsvereinbarung eine über das kartellrechtlich billigenswerte Ziel der Beilegung oder Vermeidung eines Zeichenkonflikts hinausgehende Wettbewerbsbeschränkung bezweckt hätten, bestünden nicht.

Die Abgrenzungsvereinbarung sei zum Zeitpunkt ihres Abschlusses 1994 insgesamt wirksam gewesen, weil sie keine spürbare Wettbewerbsbeschränkung bewirkte. Derartige Abgrenzungsvereinbarungen waren nach der Rechtslage im Jahr 1994 nur dann kartellrechtlich unzulässig, wenn sie entweder eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckten oder eine solche deshalb bewirkten, weil bei ihrem Abschluss kein ernsthafter, objektiv begründeter Anlass zu der Annahme bestand, dem begünstigten Vertragspartner stehe ein entsprechender Unterlassungsanspruch zu.

Maßgeblich für die Bejahung potentiellen Wettbewerbs sei, ob die Teilnahme eines bestimmten Unternehmens am Markt wirtschaftlich zweckmäßig und kaufmännisch vernünftig ist. Ein Markteintritt müsse aufgrund konkreter Tatsachen, wie insbesondere einer durch die Tätigkeit in ähnlichen Produkt- oder Dienstleistungsbereichen vermittelten Marktnähe, objektiv naheliegen.

Für das Kartellrecht der Europäischen Gemeinschaft gelten keine abweichenden Maßstäbe für die Feststellung potentiellen Wettbewerbs.

Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts käme dem Umstand, dass die Parteien die Abgrenzungsvereinbarung abgeschlossen haben, keine erhebliche Bedeutung für die Frage zu, ob zwischen ihnen potentieller Wettbewerb bestand. Ein ausreichender Grund für eine Abgrenzungsvereinbarung liege vor, wenn zumindest eine der Parteien berechtigten Anlass zu der Annahme hat, der anderen Partei stehe gegen sie ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch zu. Das hat das Berufungsgericht im Streitfall angenommen. Dieser Umstand sage jedoch nichts darüber aus, ob die Parteien Wettbewerber im Sinne des Kartellrechts sind.

Der Schutzumfang der Marke wird durch die Eintragung bestimmt und umfasst insbesondere die Benutzung eines Zeichens für ähnliche Waren, die Verwechslungsgefahr begründet. Demgegenüber ist für die Frage, ob zwischen den Herstellern bestimmter Erzeugnisse Wettbewerb besteht, das Bedarfsmarktkonzept maßgeblich. Danach sind dem relevanten Angebotsmarkt alle Produkte und Dienstleistungen zuzurechnen, die aus der Sicht der Nachfrager nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet und miteinander austauschbar sind. Unternehmen, die auf unterschiedlichen Produktmärkten tätig sind, sind keine Wettbewerber. Anders liegt es nur, soweit unterschiedliche Produkte im Hinblick auf ihren Verwendungszweck austauschbar sind, so dass zwischen ihnen ein Substitutionsverhältnis besteht.

Ferner entschied der BGH in Bezug auf die Löschung einer Marke, dass selbst wenn eine Abgrenzungsvereinbarung wie im Streitfall nicht kartellrechtlich relevant ist, diese allerdings nicht schon mit der Löschung der Marke in entsprechendem Umfang unwirksam wird. Vielmehr bedarf es bereits aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit jedenfalls in diesem Fall einer Kündigung durch den Verpflichteten.

Anders als die Löschung ließ die bloße Nichtbenutzung der Marke das Markenrecht nicht unmittelbar entfallen. Sie führe vielmehr lediglich zu einer bis zur Stellung des Löschungsantrags grundsätzlich noch jederzeit ex tunc heilbaren Löschungsreife. Solange der Markeninhaber den Markenschutz trotz Löschungsreife jederzeit durch Benutzung wiederaufleben lassen kann, ist die markenrechtliche Kollisionslage, die Grund der Abgrenzungsvereinbarung war, nicht entfallen.

Kommentar / Fazit:

Abgrenzungsvereinbarung sind ein regelmäßig verwendetes Mittel zwischen Wettberwerbern Geschäftsfelder aber auch Produkte und Dienstleistungen gegeneinander abzugrenzen.

Ob die Abgrenzungsvereinbarung kartellrechtlich relevant ist hängt von der wettbewerbsrechtlichen Außenwirkung ab, also ob eine Wettbewerbsbeschränkung gegenüber dritten Unternehmen spürbar ist. Dieses wäre der Fall, wenn die Abgrenzungsvereinbarung  einen Vertragsteilnehmer davon abhalten würde, am Markt als Anbieter tätig zu werden. Solange die Vereinbarung kein pauschales Verbot enthält, Waren oder Dienstleistungen anzubieten, ist diese dahingehend kartellrechtlich nicht zu beanstanden.

Ferner, ist es gerade die Funktion einer Marke, Waren und Dienstleistungen eines Wettbewerbers, von denen anderer unterscheidbar zu machen. Die Vereinbarung zweier Wettbewerber, gleiche Waren und Dienstleistungen anders zu bezeichnen, dient folglich der Unterscheidbarkeit.

Die Umstellung auf eine andere ist regelmäßig keine spürbare Wettbewerbsbeschränkung im Verhältnis zu  Konkurrenten.

Eine Abgrenzungsvereinbarung ist nicht schon mit Löschung der Marke unwirksam. Hierzu muß stets noch eine Kündigung erfolgen. Dieses gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Marke nicht benutzt wird, aber jederzeit die Nutzung wieder aufgenommen werden könnte und eine rechtserhaltende Benutzung wieder hergestellt werden könnte.

 

 

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