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BGH: I ZR 51/12 – Davidoff Hot Water

Der I. Senat des Bundesgerichtshofs hat sich in seinem Beschluss  I ZR 51/12 – Davidoff Hot Water vom 21.10.2015 der Frage gewidmet, ob in Fällen von Markenfälschungen ein Anspruch auf Bekanntgabe des Kontoinhabers gegenüber einer Bank besteht.

Vorab erging eine Entscheidung des EugH (C-580/13) mit Urteil vom 16.07.2015:

Die Historie:

Die Klägerin produziert und vertreibt international Parfums. Sie ist exklusive Lizenznehmerin der für Parfumeriewaren eingetragenen Gemeinschaftsmarke Nr. 0968661 „Davidoff Hot Water“.

Im Januar 2011 bot ein Verkäufer auf einer Internetauktionsplattform das Parfum „Davidoff Hot Water“ an. Die Zahlung des Kaufpreises sollte auf ein bei der Beklagten, der Stadtsparkasse M. , geführtes Konto erfolgen. Die Klägerin ersteigerte das Parfum, zahlte den Kaufpreis auf das angegebene Konto bei der Beklagten und erhielt das Parfum unter dem Absender „H. “ zugesandt.

Das Parfum war eine auch für einen Laien erkennbare Fälschung. Der Betreiber der Internetplattform gab als Verkäufer S. F. , J. -Straße in M. an. Eine Umsatzanalyse ergab, dass der Verkäufer in der Zeit vom 12. Dezember 2010 bis 14. Januar 2011 einen Umsatz von 10.956,63 € auf der Internetplattform erzielt hatte. Die Klägerin hat behauptet, S. F. habe ihr die Auskunft erteilt, nicht Verkäuferin des Parfums zu sein und wegen eines bestehenden Zeugnisverweigerungsrechts keine weiteren Informationen zu geben. Daraufhin forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos auf, Namen und Anschrift des Kontoinhabers anzugeben.

Aus den Gründen:

In den Gründen des Bundesgerichtshofs wird ausgeführt, dass eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliege. Der Verkäufer des in Rede stehenden Parfums hat ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist (Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV).

Im Hinblick auf den Umsatz von mehr als 10.000 €, den der Verkäufer innerhalb eines Zeitraums von etwas mehr als einem Monat auf der Internetplattform erzielt hat, ist davon auszugehen, dass der beanstandete Verkauf, der in den maßgeblichen Zeitraum fällt, im geschäftlichen Verkehr erfolgt sei. Es handele sich um eine offensichtliche Rechtsverletzung, weil die Fälschung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch für einen Laien ohne weiteres erkennbar war.

Die Beklagte (die Stadtsparkasse M) habe zudem eine für diese rechtsverletzende Tätigkeit genutzte Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbracht. Davon sei auszugehen, wenn der Verletzer sich im Rahmen der Markenverletzung des dienstleistenden Unternehmens bediene. Hierzu kann auch die Tätigkeit einer Bank zählen, die den Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit dem Kaufpreis für das rechtsverletzende Produkt abwickele. Diese Voraussetzung seien im vorliegenden Fall erfüllt. Die Tätigkeit der beklagten Sparkasse stehe im Zusammenhang mit der Markenverletzung und ist ihr nicht nur nachgeschaltet, also etwa erst nach Beendigung der Markenverletzung erfolgt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Verkäufer das gefälschte Parfum erst an die Klägerin gesandt und damit in Verkehr gebracht, nachdem der Kaufpreis auf dem von der Beklagten geführten Konto eingegangen war.

Der Auskunftsanspruch sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagten im Streitfall ein Zeugnisverweigerungsrecht zustehe

Als Grundlage für die Ablehnung der Auskunftserteilung kommt vorliegend ausschließlich ein Zeugnisverweigerungsrecht des beklagten Bankinstituts nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO in Betracht. Nach dieser Bestimmung sind Personen, denen kraft ihres Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, im Hinblick auf diese Tatsachen zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt.

Vorliegend sei das beklagte Bankinstitut nicht berechtigt, gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO unter Berufung auf das Bankgeheimnis die Angabe von Namen und Anschrift des Inhabers des Kontos zu verweigern, über das die Zahlung des Kaufpreises für die markenrechtsverletzende Ware abgewickelt worden ist.

Nach diesen Maßstäben ist § 19 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 MarkenG dahin auszulegen, dass ein Bankinstitut nicht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO die Auskunft über Namen und Anschrift des Kontoinhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis verweigern darf, wenn das Konto für den Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit einer offensichtlichen Markenverletzung genutzt wurde.

Kommentar / Fazit:

Im Fall einer Markenrechtsverletzung kann der Rechteinhaber gemäß § 19 Abs. 1 MarkenG unverzügliche Auskunft über die Herkunft und die Vertriebswege von widerrechtlich gekennzeichneten Gegenständen und den evtl. vorhandenen Vervielfältigungsstücken von dem Verletzer verlangen.

Bei einer offensichtlicher Rechtsverletzung oder wenn eine Klage bereits anhängig (das heißt, beim Gericht eingegangen) ist, kann der Rechteinhaber gemäß § 19 Abs. 2 MarkenG den Auskunftsanspruch auch als so genannte Drittauskunft gegenüber Dritten geltend machen. Dies setzt jedoch voraus, dass der Dritte in gewerblichem Ausmaß an der Rechtsverletzung direkt oder indirekt beteiligt war.

Ob ein gewerblicher Ausmaß vorliegt, bedarf es einer genauen Überprüfung.

Die Richtlinie 2004/48/EG hat eine verbindliche Legaldefinition in dem Erwägungsgrund 14 Satz 2 vorgegeben, dass von einem gewerblichem Ausmaß dann auszugehen ist, wenn die beanstandete Handlung zur Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen wird. Handlungen, die in gutem Glauben von Endverbrauchern vorgenommen werden, werden dabei ausgeschlossen. Somit sind Endverbraucher von der Drittauskunft gemäß § 19 Abs. 2 MarkenG befreit. Das bedeutet, dass sie in den Kreis der Auskunftsverpflichteten nicht einzubeziehen sind.

Kreditinstitute müssen jedoch beim Vorliegen einer Markenrechtsverletzung, Name und Anschrift des Inhabers offenlegen.

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