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BGH: I ZB 44/14 – LIQUIDROM

Bösgläubigkeit ist ein Thema, das den BGH dieses Jahr schon mehrfach beschäftigt hat (siehe http://schorr-ip.de/news/bgh-i-zb-6914-glueckspilz/).

Vorliegend hatte der BGH mit seinem Beschluss vom 15. 10. 2015 – I ZB 44/14 – LIQUIDROM zu beurteilen, ob ein lokal verwendetes Zeichen zum Löschen einer Deutschen Marke ausreichend sein kann.

Der BGH entschied hierzu letztlich:

Die Löschung einer Markeneintragung wegen bösgläubiger Anmeldung ( § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ) kann nicht wegen der Beeinträchtigung eines Unternehmenskennzeichens ( § 5Abs. 2 Satz 1 MarkenG ) verlangt werden, das keinen bundesweiten, sondern nur einen räumlich auf das lokale Tätigkeitsgebiet des Unternehmens beschränkten Schutzbereich aufweist.
Die Historie:

Die Markeninhaberin war Geschäftsführerin der „T. B. mbH“. Diese hatte von der „Stiftung Neues Tempodrom“ mit Pachtvertrag vom 1. Oktober 2001 als „Liquidrom“ bezeichnete Räume eines in Berlin gelegenen Verwaltungsgebäudes gepachtet. In dem Pachtvertrag hieß es:

„Der Verpächter überträgt dem Pächter das Recht, die in den als Anlage 2 beigefügten Grundrissplänen orange gekennzeichneten Räume und Flächen im folgenden als „Liquidrom“ oder „Pachträume“ bezeichnet – mit allen Einrichtungen (Badebetrieb, Saunabetrieb, Wellness, Liquid Sound) inklusive der dortigen Gastronomie zu betreiben.“

Das als „Liquidrom“ bezeichnete Bad öffnete im Mai 2002. Im Jahr 2004 fielen Pächterin und Verpächterin in Insolvenz. Das Pachtverhältnis wurde im Mai 2005 beendet. Im August 2005 erfolgte eine Ausschreibung für die Wiedereröffnung des „Liquidroms“. Die T. GmbH i.Gr., vertreten durch die Markeninhaberin als Geschäftsführerin, bewarb sich erfolglos um den Pachtvertrag. Am 31. März 2006 meldete die Markeninhaberin die Streitmarke (Nr. 306 21 552) unter anderem für „Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; medizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen; Betrieb von öffentlichen Bädern für Zwecke der Körperhygiene einschließlich Saunabetrieb“ an. Das „Liquidrom“ wurde am 12. Dezember 2007 wiedereröffnet und wird seitdem von der „Liquidrom GmbH & Co. KG“ betrieben.

Der Antragsteller hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke mit der Begründung beantragt, sie sei böswillig angemeldet worden. Das DPMA hat dem Antrag stattgegeben. Die Markeninhaberin ging in die Beschwerde vor das Bundespatentgericht. Das Bundespatentgericht hat angenommen, es liege der Löschungsgrund der bösgläubigen Markenanmeldung ( § 8 Abs. 2 Nr. 10 , § 50 Abs. 1 MarkenG ) vor.

Die Gründe:

Der BGH stimmt mit dem Bundespatentgericht darin überein, dass eine böswillige Markenanmeldung in Betracht kommt, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und wenn besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen oder aber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt.

Allerdings sieht der BGH einen Löschungsanspruch nur, wenn der Inhaber des älteren Rechts berechtigt ist, die Benutzung der Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen. Diese Bestimmung trage dem Umstand Rechnung, dass die Rechte an einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 MarkenG auch nur in einem Teilgebiet der Bundesrepublik Deutschland bestehen können (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Markenrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 12/6581, S. 74). Sie beruhe auf der Erwägung, dass es unverhältnismäßig wäre, wenn der Inhaber eines räumlich begrenzten Rechts die – mangels geographischer Teilbarkeit eingetragener Marken nur für das Bundesgebiet insgesamt mögliche – Löschung einer jüngeren Registermarke beanspruchen könnte.

Der Inhaber der räumlich beschränkten Zeichenrechte ist gegenüber dem Inhaber der im Blick auf diese Rechte böswillig angemeldeten Marke nicht schutzlos gestellt. Er kann im Falle einer Zeichenkollision dem Verlangen des Markeninhabers, die Nutzung des Zeichens innerhalb seines räumlich beschränkten Geltungsbereichs zu unterlassen, die Einrede wettbewerbswidriger Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG entgegenhalten. Entsprechend kann die Nutzung der böswillig angemeldeten Marke im räumlichen Geltungsbereich des Zeichens wettbewerbsrechtliche Ansprüche seines Inhabers wegen unlauterer gezielter Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG begründen. Die räumliche Beschränkung des Unternehmenskennzeichens wirkt sich hierbei – nicht anders als bei der markenrechtlichen Geltendmachung räumlich beschränkter Zeichenrechte als materiell-rechtliche Begrenzung des Anspruchsumfangs aus. Der Grundsatz, dass wettbewerbsrechtliche Ansprüche ohne Rücksicht auf ein räumlich beschränktes Tätigkeitsgebiet des Gläubigers bundesweit bestehen, gilt hier nicht. Aus diesem Grunde scheidet auch ein außerkennzeichenrechtlicher Anspruch auf Löschung der bösgläubig angemeldeten Marke gemäß aus.

Kommentar:

Der BGH hat für den Fall einer räumlich begrenzten Nutzung eine Abwägung getroffen zwischen gezielter Behinderungsabsicht durch eine Marke zum einen und der Unverhältnismäßigkeit der Löschung dieser Marke aufgrund einer lokal begrenzten geschäftlichen Bezeichnung zu anderen. Das Markengesetz, insbesondere § 12 Marken, definiert nicht näher, was einer geschäftlichen Bezeichnung innewohnen muss, um die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen. In seiner Entscheidung greift der BGH auf das Verständnis des Art 8. (4) Unionsmarkenverordnung zurück, wonach relative Eintragungshindernisse bestehen:

„Auf Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Gemeinschaft oder des Mitgliedstaats“

Dieses ist für den Inhaber einer Geschäftsbezeichnung unbefriedigend, da ein Mitbewerber Markenrechte für das Kerngeschäft des Inhabers der Geschäftsbezeichnung erlangen kann, ohne einen Nachweis führen zu müssen, diese nicht nur lokal, im Tätigkeitsbereich des Inhabers der Geschäftsbezeichnung zu nutzen sondern auch bundesweit.

Fazit:

Inhabern von Geschäftsbezeichnungen ist nahezulegen, lokal genutzte Geschäftsbezeichnung markenrechtlich zu schützen, um bösgläubige Anmeldungen entgegentreten zu können.

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