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BGH: I ZB 69/14 – Glückspilz

In einigen Branchen ist es nicht unüblich, Motive, Logos und/oder Schriftzüge dekorativ zu verwenden. beispielsweise auf Kleidungsstücken, Taschen und dergleichen. Nur in wenigen Fällen, wird für jedes dieser Motive, Logos oder Schriftzüge auch Markenschutz beantragt.

Was ist aber, wenn ein Wettbewerber genau das Motiv, Logo oder den Schriftzug zur Marken anmeldet, das/den Sie gerade dekorativ auf Ihren Produkten verwenden?

Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 15. Oktober 2015 · Az. I ZB 69/14 – GLÜCKSPILZ beschäftigt.

Die ursprünglich auf Löschung verklagte Markeninhaberin hatte am 17. März 2011 die Wortmarke Nr. 30 2010 068 486 „Glückspilz“ für Waren in den Klassen 18 und 24 (Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus[…], Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.) eingetragen bekommen. Der Antragsteller der Löschungsklage hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Eintragung der Marke mit der Begründung beantragt, sie sei nicht unterscheidungskräftig und zudem böswillig angemeldet worden.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Löschung der Marke angeordnet. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Markeninhaberin ist ohne Erfolg geblieben. In der zugelassenen Rechtsbeschwerde wurde der Fall dem BGH vorgelegt.

Der BGH stimmte mit der Auffassung des BPatG darin überein, „dass eine böswillige Markenanmeldung in Betracht kommt, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen, oder dass der Zeicheninhaber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt.“

Der BGH wich jedoch von der Annahme des BPatG ab, es fehle an einer Absicht der Markeninhaberin zur markenmäßigen Benutzung des eingetragenen Zeichens „Glückspilz“, aufgrund deren dekorativen Verwendung.

Die markenmäßige Benutzung sei eine Rechtsfrage, deren Feststellung weitgehend von tatsächlichen Feststellungen zum Verkehrsverständnis abhängt und daher im Wesentlichen der Beurteilung des Tatrichters obliegt.

Eine markenmäßige Verwendung oder – was dem entspricht – eine Verwendung als Marke setzt voraus, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient.

Ferner sei ein Verhalten erst dann als böswillig im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG anzusehen, wenn seine Wirkungen über eine als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmende Behinderung hinausgehen und es bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist.

Der BGH formulierte folgenden Leitsatz:

Der Umstand, dass eine Marke gegen rein dekorative Verwendungsformen ins Feld geführt wird, begründet nicht den Vorwurf einer böswilligen Anmeldung (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG), wenn nicht weitere Anhaltspunkte für rechtsmissbräuchliches Verhalten hinzutreten.

Der Umstand, dass eine Marke auch gegen rein dekorative Verwendungsformen ins Feld geführt werden kann, begründet ohne weitere Anhaltspunkte für rechtsmissbräuchliches Verhalten noch nicht den Vorwurf einer böswilligen Anmeldung. Ein solcher Einsatz der Marke entspricht zwar, wie vom Bundespatentgericht ausgeführt, nicht dem Zweck des Markenrechts; dieses gewährt jedoch dem Markeninhaber in einem solchen Fall auch keine Ansprüche. Im Hinblick darauf, dass sich die Abgrenzung von markenmäßigem und rein dekorativem Gebrauch im Einzelfall als schwierig erweisen kann und der Markeninhaber in entsprechenden Fällen gegebenenfalls mit dem Prozessverlust rechnen muss, ist der Missbrauchsverdacht ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht gerechtfertigt.

Fehlt es an solchen Umständen, bewirkt auch ein etwaiger Einschüchterungseffekt, den das Bundespatentgericht der markenrechtlichen Inanspruchnahme von Wettbewerbern zuschreibt, keine über den zweckentsprechenden Einsatz des Monopolrechts hinausgehende Behinderung.

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