BGH: I ZR 86/13 – Himalaya Salz
Der I. Senat des Bundesgerichtshofs hat sich in seinem Beschluss I ZR 86/13 – Himalaya Salz vom 31.03.2016 unter anderem der Frage gewidmet, in welchen Fällen einer irreführenden geografischen Herkunftsangabe ein Online-Händler für Produktpräsentationen Dritter verantwortlich ist.
Er entschied hierzu:
a) Die in den §§ 126 ff. MarkenG enthaltenen Regelungen vermitteln nach der Novellierung des Markengesetzes durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I, S. 1191) für geografische Herkunftsangaben keinen lauterkeitsrechtlich, sondern einen kennzeichenrechtlich begründeten Schutz.
b) Die Bestimmung des § 127 Abs. 1 MarkenG ist unionsrechtskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft des Produkts besteht, bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln mit der geografischen Herkunft etwa verbundene besondere Qualitäts- oder Eigenschaftsvorstellungen unberücksichtigt bleiben.c) Ein Online-Händler ist für ein im eigenen Namen auf seiner Internetseite eingestelltes Verkaufsangebot als Täter verantwortlich, auch wenn er sich bei der Ausgestaltung der Produktpräsentation eines dritten Unternehmers - hier seines Lieferanten - bedient.
Die Historie:
Die Beklagte betreibt einen Online-Versandhandel. Am 7. Dezember 2011 bot sie auf ihrer Webseite ein als „Raab Himalaya Salz gemahlen“ bezeichnetes Produkt an. Auf dessen eingeblendeter farbiger Verpackung befand sich unterhalb der Angabe „Kristallsalz“ der Hinweis „Kristallines Speisesalz aus der Region des“ und darunter die farblich und räumlich abgesetzte hervorgehobene Angabe „Himalaya“. In der im nachfolgenden Fließtext der Internetpräsentation enthaltenen Produktbeschreibung hieß es dann: „Kristallines Speisesalz aus der Region des Himalaya ist circa 250 Millionen Jahre alt. Das Salz wird traditionell abgebaut und von Hand selektiert. Gönnen Sie Ihrem Körper das Beste aus der Natur. Kristallines Salz aus dem Himalaya ohne Verwendung von Zusatzstoffen.“. Tatsächlich wurde das so beworbene Salz nicht im Himalaya Hochgebirgsmassiv, sondern in der Salt Range, einer Mittelgebirgskette in der pakistanischen Provinz Punjab, abgebaut.
Der Kläger ist der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln. Er beanstandet das Angebot des „Himalaya Salz“ als irreführende geografische Herkunftsangabe. Er hat die Beklagte deswegen auf Unterlassung der Werbung und Ersatz pauschaler Abmahnkosten nebst Zinsen in Anspruch genommen.
Aus den Gründen:
Im Folgenden werden die Entscheidungsgründe kurz skizziert. Hierbei liegt in diesem Artikel der Fokus auf der Haftung des Online-Händlers.
Der BGH bestätigte zunächst, dass die Bestimmung des § 127 Abs. 1 MarkenG , nach der geografische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden dürfen, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geografische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft besteht, für geografische Herkunftsangaben einen nicht lauterkeitsrechtlich, sondern kennzeichenrechtlich begründeten Schutz vorsieht.
Dieser Sichtweise stehe darüber hinaus nicht im Widerspruch zum Unionsrecht.
In Bezug auf die Haftung des Onlinehändlers führte der I. Senat des BGH aus, dass die Beklagte den gegen sie geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht mit Erfolg entgegenhalten könne, sie habe bei der beanstandeten Werbung die ihr obliegende fachliche Sorgfalt beachtet. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe nach Erlass des vorliegend mit der Revision angefochtenen Berufungsurteils entschieden, dass bei einer Geschäftspraxis, die alle in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken genannten Voraussetzungen für eine Einstufung als den Verbraucher irreführende Praxis erfüllt, nicht mehr geprüft zu werden brauche, ob eine solche Praxis auch den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie widerspricht, um sie als unlauter und damit nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie verboten ansehen zu können
Darüber hinaus stellte der I. Senat des BGH fest, dass die Haftung der Beklagten ist nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil die Lieferantin des Salzes die Produktangaben in ein von der Beklagten zur Verfügung gestelltes „Upload-Sheet“ eingestellt hat.
Die Haftung der Beklagten ergebe sich vorliegend schon daraus, dass sie als Online-Händlerin das in Rede stehende Himalaya-Salz im eigenen Namen und auf eigene Rechnung auf ihrer Internetseite angeboten hat. Damit hat die Beklagte dem Internetnutzer den Eindruck vermittelt, sie übernehme die inhaltliche Verantwortung für die in ihrem Namen eingestellten Verkaufsangebote.
Kommentar / Fazit:
Die Entscheidung ist wichtig für Online Händler, denn nunmehr übernimmt der BGH die Sicht des EuGH, wonach nach dem Feststellen einer für den Verbraucher irreführenden Praxis es nicht mehr auf die Einhaltung der beruflichen Sorgfalt ankommt.
Online Händler sollten daher beim Verkauf von Waren Dritter, intensiv prüfen, ob eine irreführende Handlung vorliegen kann, insbesondere bei geographischen Herkunftsangaben. Hier obliegt es der beruflichen Sorgfalt, die Angaben des Lieferanten zu prüfen und sich nicht auf Angaben des Lieferanten zu verlassen.
Kann trotz Einhaltung der beruflichen Sorgfalt nicht ausgeschlossen werden, dass ein Lieferant eine irreführende Handlung begeht, sollte das Produkt nicht angeboten werden, insbesondere nicht im eigenen Namen.